Abbildung 1: Titelblatt des Mecklenburgischen Wörterbuchs
Abbildung 2: Bearbeitungs- und Digitialisierungsstand der dialektalen Großwörterbücher zum Niederdeutschen und zu angrenzenden Sprachräumen © Hanna Fischer 2024 (Kartengrundlage: https://regionalsprache.de/SprachGIS/Map.aspx)

Projekttitel

„Lexikalisches Informationssystem Niederdeutsch (LIND)”. Verbund digitaler großlandschaftlicher Wörterbücher des Niederdeutschen und angrenzender Räume

 

Projektleitung und Projektbeteiligte bzw. Kooperationspartner

Projektleitung

  • Prof. Dr. Andreas Bieberstedt (Universität Rostock – Institut für Germanistik),
  • Prof. Dr. Hanna Fischer (Universität Rostock – Institut für Germanistik),
  • Prof. Dr. Alfred Lameli (Universität Marburg – Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas),
  • Dr. Thomas Burch (Universität Trier - Trier Center for Digital Humanities),

 

Projektpartner:

  • Mittelelbisches Wörterbuch: Dr. Ulrich Wenner, Prof. Simone Schultz-Balluff (Universität Halle-Wittenberg)
  • Preußisches Wörterbuch: Dr. Reinhard Goltz,
  • Hamburgisches Wörterbuch: Prof. Dr. Ingrid Schröder (Universität Hamburg),
  • Pommersches Wörterbuch: Dr. phil. habil. Matthias Vollmer; ab 2026: Dr. phil. habil. Birte Arendt (Universität Greifswald),
  • Brandenburg-Berlinisches Wörterbuch: Prof. Ulrike Demske (Universität Potsdam),
  • Schleswig-Holsteinisches Wörterbuch: Dr. Karin Hentzel, Dr. Andreas Christ (Universitätsbibliothek Kiel),
  • Mittelniederdeutsches Wörterbuch: Dr. Karsten Labahn (Universitätsbibliothek Rostock),
  • Niedersächsisches Wörterbuch: apl. Prof. Dr. Albert Busch, Dr. Maik Lehmberg (Universität Göttingen, Arbeitsstelle Niedersächsisches Wörterbuch)

    Förderstatus

    Beantragt wird eine Förderung durch die DFG. Antrag in Vorbereitung.

     

    Laufzeit

    2 x 3 Jahre, Laufzeitbeginn geplant für 2025:

    Projektphase 1: 2025 - 2028

    Projektphase 2: 2028 -2031

     

    Ausgangspunkt

    Dialektwörterbücher wie das Mecklenburgische, das Westfälische und das Hamburgische Wörterbuch zählen zu den sogenannten großlandschaftlichen wissenschaftlichen Großwörterbüchern, mit denen seit dem beginnenden 20. Jahrhundert der Wortschatz der deutschen Dialekte nahezu flächendeckend erfasst wurde. Vorarbeiten in Form von Sammelaufrufen und Feldforschungsaktivitäten reichen teilweise sogar bis in das 19. Jahrhundert zurück.

    Für den norddeutschen Sprachraum liegen insgesamt 8 Großwörterbücher zu den großlandschaftlichen und urbanen Dialektvarietäten des Niederdeutschen vor bzw. befinden sich derzeit noch in Arbeit. Daneben integrieren drei weitere Wörterbücher niederdeutsch-hochdeutscher Kontakträume und mitteldeutscher Sprachareale niederdeutsche Wortbestände, konkret das Hessen-Nassauische, das Rheinische und das Mittelelbische Wörterbuch. Auf diese Weise ist der traditionelle dialektale Wortschatz in den niederdeutschen Kernarealen und niederdeutsch-hochdeutschen Übergangszonen diatopisch lückenlos erfasst.

    Die niederdeutschen Wörterbücher sind aufgrund ihrer Entstehungszeit Produkte des analogen Zeitalters. Ihre digitale Aufbereitung stellt eine der vordringlichsten Aufgaben der gegenwärtigen Dialektlexikographie dar. Diese soll nicht allein eine verbesserte Zugriffsmöglichkeit auf die Wörterbücher gewährleisten, sondern es auch ermöglichen, neue, innovative Fragestellungen an das in den Wörterbüchern inkorporierte Datenmaterial zu richten. Hier setzt das Projekt an.

     

    Ziele

    Ziel des Projekts ist ein Verbund digitaler großlandschaftlicher Wörterbücher des Niederdeutschen und angrenzender Räume im Rahmen des Trierer Wörterbuchnetzes bei zusätzlicher Sichtbarkeit als eigenständige Plattform. Dieser Verbund soll durch die Entwicklung eines grammatischen und onomasiologischen Metasystems und digitaler Recherche- und Präsentationstools zu einem „Lexikalischen Informationssystem Niederdeutsch (LIND)” ausgebaut werden. In zwei Projektphasen sollen in diesen Verbund 8 großlandschaftliche Wörterbücher des Niederdeutschen sowie 3 Wörterbücher zu niederdeutsch-hochdeutschen Kontaktgebieten eingebunden werden. Auf diese Weise wird erstmals einer der drei dialektalen Großräume des Deutschen (Niederdeutsch, Mitteldeutsch, Oberdeutsch) vollständig in digital vernetzter Form lexikographisch präsentiert.

    Mit dem Einbezug des Mittelelbischen, des Rheinischen und des Hessen-Nassauischen Wörterbuchs in das Informationssystem soll die konzeptionell bedingte Beschränkung der Wörterbuchkorpora auf starr definierte Dialekträume und Dialektgrenzen überwunden werden, um somit die Beobachtung von Sprachkontaktphänomenen und Ausgleichsprozessen in sprachlichen Übergangszonen zu ermöglichen, die sich u.a. in der Existenz von Synonymen bzw. niederdeutsch-hochdeutschen Doppel-/Konkurrenzformen manifestieren. Damit stellt sich das Projekt in den Kontext der rezenten Mehrsprachigkeits- und Sprachkontaktforschung und berücksichtigt zugleich Forderungen und Erkenntnisse der modernen Regionalsprachenforschung.

    Aus den gleichen Erwägungen heraus sollen im Laufe des Projekts Möglichkeiten der Kooperation mit niederländischen Wörterbuchstellen sondiert werden, mit dem Ziel, in einem Nachfolgeprojekt auch die niedersächsischen und niederfränkischen sowie ggf. Teile der mittelfränkischen Dialektareale des Niederländischen im Verbundnetz zu erfassen. Auch aus sprachhistorischer Sicht ist eine solche Zusammenschau niederdeutscher und niederländischer Wörterbücher von hohem Interesse, da insbesondere die ostniederdeutschen Dialekträume siedlungsgeschichtlich bedingt lexikalische Substratbildungen niederländischer Dialekte zeigen.  

    Im Vordergrund des Projektes steht die Erfassung der diatopischen lexikalischen Variation des Niederdeutschen der Neuzeit. Daneben soll als untergeordnetes Teilziel auch die diachrone Entwicklung des nd. Wortschatzes durch Digitalisierung und Vernetzung des Mittelniederdeutschen Wörterbuchs von Karl Schiller und August Lübben (Schiller / Lübben 1875-81) Berücksichtigung finden. Das Mittelniederdeutsche Wörterbuch ist derzeit das umfangsreichste abgeschossene Nachschlagewerk zum Wortschatz der mittelniederdeutschen Sprachstufe (ca. 1200 bis 1650) und zugleich primäres diachrones Referenzwerk insbesondere der älteren nd. Großwörterbücher. So verweist z. B. das Mecklenburgische Wörterbuch in mehreren hundert Lemmaeinträgen auf dieses Wörterbuch. 

    Zugleich soll dieses Verbundnetz zu einer leistungsfähigen Forschungsplattform ausgeweitet werden, die nicht allein die Beantwortung lexikalischer Fragestellungen erlaubt, sondern das in den Wörterbüchern enthaltene Datenmaterial auch für weiterführende, z. B. grammatische Forschungsfragen öffnet. Aufgrund ihrer Eigenschaft als Belegwörterbücher inkorporieren die Großwörterbücher umfangreiches Datenmaterial aus gesprochensprachlichen und schriftlichen Quellen, dessen Aufarbeitung und Analyse derzeit noch nahezu am Anfang steht. Vielversprechend sind zum einen Szenarien, die den semasiologisch beschränkten Zugang zum Wortmaterial um onomasiologische Zugriffe ergänzen, um z. B. Fragen des Ausbaus, der Entwicklung und der diatopischen Differenzierung von Wortfamilien an das Wörterbuchmaterial zu stellen oder dieses in einem sachsystematischen Gliederungssystem abzubilden. Lameli zufolge wäre mit einer solchen, als Web 3.0 bezeichneten Referenzierung „trotz aller bestehenden konzeptuellen Schwierigkeiten [...] ein großer Schritt zur inhaltlichen, d. h. an der Wortbedeutung orientierten Verknüpfung der dialektalen Wörterbücher gewonnen.“ (Lameli, Dialektwörterbücher zwischen Web 0.0 und Web 3.0, 2021, S. 63) Zum andern wird die Bedeutung dialektaler Wörterbücher als linguistische Korpora für grammatische (morphologische, syntaktische) Analysen zunehmend erkannt. Eine solche grammatische Analyse soll sowohl wörterbuchintern als auch wörterbuchübergreifend ermöglicht werden.

    Zur Erreichung dieses Ziels wird das digitale Verbundnetz in dem Projekt zu einem webbasierten lexikographischen Informationssystems weiterentwickelt. Hierzu wird zum einen ein Interface mit Recherche- und Präsentationsfunktion (etwa in Form digitaler Sprachkarten) aufgebaut, zum andern werden in Explorationsmodulen Möglichkeiten der wörterbuchübergreifenden grammatischen und semantischen Recherche und Analyse erprobt.  Voraussetzung hierfür ist die projektinterne Erarbeitung von grammatischen und semantischen (onomasiologischen) Metasystemen, die über die Wörterbücher gelegt werden.

     

    Projektphasen

    Die in das Projekt einbezogenen Wörterbücher liegen in einem unterschiedlichen Zustand der Bearbeitung und digitalen Aufbereitung vor. Diese divergente Ausgangslage definiert die Teilziele, Projektphasen und Arbeitspakete des Projekts. Durchgeführt wird das Projekt in zwei aufeinanderfolgenden, aber miteinander verzahnten Phasen von jeweils drei Jahren. Grundsätzlich werden in der ersten Projektphase die bereits gedruckt vorliegenden Wörterbücher digitalisiert und vernetzt, in der zweiten Phase diejenigen Wörterbücher, die sich derzeit noch in Bearbeitung befinden, aber zu Beginn der zweiten Projektphase abgeschlossen sein werden. Bereits in Phase I erfolgt zudem die Überführung der als digitale Insellösungen vorliegenden Teile des Mittelelbischen und des Hessen-Nassauischen Wörterbuchs in das Trierer Wörterbuchnetz.

     

    Publikationen, Vorträge, wissenschaftliche Veranstaltungen zum Projekt

    • Andreas Bieberstedt / Nico Förster / Petra Himstedt-Vaid / Christoph Schmitt: Vom gedruckten Wörterbuch zur virtuellen Forschungsumgebung. Digitale Vernetzungsszenarien dialektaler Großwörterbücher am Beispiel des Mecklenburgischen Wörterbuchs.In: Markus Denkler / Antje Dammel (Hrsg.): Großlandschaftliche Dialektwörterbücher zwischen Linguistik und Landeskunde (Niederdeutsche Studien; 65). Wien / Köln 2024, S. 17-55.   
    • Wissenschaftlicher Workshop „Digitalisierung, Vernetzung, Nachnutzung – Aufgaben und Potentiale der niederdeutschen Dialektlexikografie“ Rostock. 30.11.-1-12.2023

     

    Links

    Trierer Wörterbuchnetz: woerterbuchnetz.de