Animal Welfare

Tierwohl in der Aquakultur

Die Problemstellung

Das Tierwohl (Animal Welfare) gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dabei geht es meist um eine Steigerung des „Wohlergehens“ bzw. der Lebensqualität landwirtschaftlicher Nutztiere. Dies ist nicht nur aus einem ethischen Blickwinkel wichtig, sondern bietet darüber hinaus Vorteile, weil das Tierwohl mit der Tiergesundheit in enger Beziehung steht. So kann ein gesteigertes Tierwohl die Produktqualität verbessern und Krankheiten ohne Einsatz von Medikamenten vorbeugen.

Jedoch wird dieses Thema bislang eher auf Nutztiere wie Schweine, Rinder oder Geflügel bezogen. Seit einigen Jahren geht man aber dazu über, es auf Fische auszuweiten; es ist dann von „Fisch-Wohl“ (Fish Welfare) die Rede. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen sind Fische empfindungsfähige Lebewesen, auch wenn es nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen ist. Daher ist es sinnvoll und fair die Ansprüche der Fische an ihre Haltung zu erfüllen.

Der Lösungsansatz

Um das Fischwohl bestmöglich einschätzen zu können, gilt es verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Erst die Kombination aus diesen Aspekten ermöglicht eine fundierte Einschätzung des Fischwohls.

  • Physiologie – biochemische Vorgänge im Organismus
  • Ethologie – Untersuchungen des (arttypischen) Verhaltens
  • Habitus – Erfassung des äußeren Zustands

Die Methodik

Die Aquakultur von Fischen ist nicht unbedingt mit der Haltung landgebundener Nutztiere zu vergleichen. Durch ihre aquatische Lebensweise sind Fische völlig anderen Faktoren ausgesetzt und benötigen eine adäquate und artspezifische Haltungsform. Hier spielt die Qualität des Wassers eine entscheidende Rolle, da sich die Fische permanent in diesem Medium befinden. Diese wird auch beeinflusst von der Besatzdichte, die etwas anders zu betrachten ist als die landgebundener Nutztiere. Viele Fische sind auch unter natürlichen Bedingungen Schwarmtiere und bewegen sich in einem dreidimensionalen Raum.

Die Anforderungen an die Haltungsbedingungen sind jedoch nicht bei allen Fischarten gleich, sondern können je nach Fischart oder Entwicklungsstadium variieren. Auch die Futterzusammensetzung und -vergabe sowie der anthropogene Umgang mit dem Nutztier Fisch (beim Handling, Transport, Abstreifen usw.) können sich auf das Wohlbefinden der Tiere auswirken.

Seit 2014/2015 (insbesondere mit Fertigstellung des FischGlasHauses) wird das Thema Tierwohl an der Professur für Aquakultur und Sea-Ranching untersucht. Dabei setzt man auf eine Kombination der verschiedenen Tierwohlaspekte.

So werden als physiologische Parameter das Stresshormon Cortisol sowie metabolische Faktoren wie Glukose und Laktat untersucht.

Mittels Video-Analysen und direkten Beobachtungen werden Verhaltensweisen der Tiere analysiert und bewertet.

Schließlich wird der äußere Zustand der Tiere als weiteres Kriterium herangezogen, um zusätzliche Anhaltspunkte hinsichtlich des Fischwohl zu erhalten.

Aktueller Status

Derzeit konzentriert sich der Lehrstuhl für Aquakultur & Sea-Ranching besonders auf das Fischwohl im Zusammenhang mit der Aquaponik. Der Einfluss der Pflanzen in der kombinierten-synergetischen Haltung ist in bisherigen Experimenten hinsichtlich des Fischwohls sehr positiv aufgefallen. So wurde gezeigt, dass beim Afrikanischen Raubwels (C. gariepinus) in aquaponischer Haltung z.B. signifikant weniger Verletzungen des äußeren Habitus auftreten als in vergleichbarer Haltung ohne Pflanzen.

Ausblick

In diesem Forschungsfeld gibt es noch viele offene Fragen: Wie wirkt sich eine Kombination von Fisch und Pflanze auf das Fischwohl aus? Können Wechselwirkungen auftreten? Gibt es Vor- oder Nachteile hinsichtlich des Tierwohls in aquaponischen Systemen und welche Ursachen haben diese? Wie wirken sich bestimmte Nährstoffkonzentrationen auf die Tiere aus?

Jedoch ist es im Bereich Fischwohl auch wichtig, zunächst die Grundlagenforschung weiter auszubauen. Denn Fischwohl kann ein sehr komplexes Thema sein, da die diversen Arten z.T. sehr unterschiedliche Ansprüche haben können und sich darüber hinaus auch innerhalb einer Art individuell unterscheiden können.