Bücher unter Druck
Idee zur Installation und Ausstellung
"Mittwochabend 21.30 Uhr auf dem Hildebrandt-Platz. Im Rahmen der Aktion: 'Wider den undeutschen Geist' werden die von der Rostocker Studentenschaft im Auftrage des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda beschlagnahmte Schund- und Schmutzliteratur öffentlich verbrannt. Die Bücher werden auf einen Scheiterhaufen getragen, der im Beisein der gesamten Studentenschaft als Zeichen dafür, daß die Schande, die wir uns haben auferlegen lassen, getilgt sein soll, öffentlich verbrannt wird." (Rostocker Anzeiger, Nr. 108, 10. Mai 1933, 1. Beiblatt, S. 2)
Der 10. Mai erinnert in Deutschland an ein unmenschliches kulturhistorisches Kapitel zur Zeit des deutschen Nationalsozialismus: die Bücherverbrennungen in über 80 deutschen Städten von März bis Oktober 1933. Die Universitätsbibliothek Rostock möchte mit einer Installation nicht nur verbrannter oder verbotener Werke, sondern auch verfolgter oder verbotener Autor:innen weltweit und bis in die Gegenwart hinein gedenken. Die auf dem Foto abgebildete ausgediente Spindel- bzw. Schlagpresse der Buchbinderei der UB Rostock steht im Zentrum einer Installation, die Bücher, die einst verboten, zensiert oder verurteilt wurden, in Szene setzt. Die Ausstellung der Buchpresse zusammen mit ausgewählten Werken und Informationsplakaten wurde zur Langen Nacht der Wissenschaften 2025 in der Campusbibliothek Südstadt eingeweiht und bleibt langfristig zugänglich.
Projektbeschreibung
Im ersten Schritt wurde eine Auswahl von Titeln verbotener Bücher (oder Bücher von Autor:innen, die verfolgt oder verboten waren bzw. sind) zusammengestellt. Dafür wurden interessierte Menschen eingeladen, Buchtitel für die geplante Ausstellung vorzuschlagen. Die Werke mussten ethisch und moralisch mit den Werten der Humanität übereinstimmen: Respekt vor dem Leben, Respekt vor der Würde und Freiheit des Menschen, Toleranz gegenüber Religionen, Weltanschauungen und Zugehörigkeiten, Freiheit von Wort, Kunst, Wissenschaft und Meinung. Anschließend wurden die konkreten Bücher auf der unteren Pressfläche der Buchspindelpresse gestapelt und eingepresst. Zusammen bilden sie die Installation "Bücher unter Druck". Im dritten Schritt wurde die Buchpresse mit den Büchern in der Campusbibliothek Südstadt ausgestellt.
Die Ausstellung möchte einen visuellen Beitrag der Erinnerung an und der Beschäftigung mit Autor:innen leisten, deren Werke in der Vergangenheit oder Gegenwart in ihrer Verbreitung reglementiert, zensiert, angefeindet oder verboten wurden bzw. werden. Es kann sowohl einen Bezug auf das Werk als auch auf die Person geben, die wegen der Autorenschaft in existenzielle Not, politische Verfolgung oder künstlerische Krise geriet.
Zeitplan
- 03.12.2024: Start des Mitmachaufrufs im Rahmen der Jubiläumsfeier der Universitätsbibliothek Rostock
- bis April 2025: Zusammentragen der Buchvorschläge für die Kampagne "Bücher unter Druck"
- Anfang Mai 2025: Aufbau der Installation
- 15. Mai 2025: Einweihung der Installation "Bücher unter Druck" im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften
- geplant: Einweihung mit Programm im vierten Quartal 2025
Buchspindelpresse
Die bei der Installation zum Einsatz kommende Spindel- bzw. Schlagpresse (Baujahr vor 1950) stammt aus der traditionsreichen Buchbinderei der Universitätsbibliothek Rostock. Diese wurde in den 1940er Jahren gegründet und war zunächst im Hauptgebäude der Universität untergebracht. In den 1950er Jahren zog sie in ein Hofgebäude beim Bücherspeicher um, wo bis zu sieben Fachkräfte Bücher der Bibliothek restaurierten. Seit über zehn Jahren leitet eine Buchbindermeisterin die Werkstatt, die 2024 in modernisierte Räume im Palaisgebäude eingezogen ist.
Die Hauptaufgabe der Buchbinderei liegt in der Erhaltung des Bibliotheksbestands: Bücher werden repariert, Hefte zu Bänden zusammengeführt. Es wird geheftet, geklebt, verstärkt, beschnitten, gebunden, geprägt und vieles mehr. Auch entstehen hier Schutzbehältnisse für empfindliche Medien. Die ausgestellte Buchpresse ist ein mechanisches Gerät, das über eine Spindel gleichmäßigen Druck erzeugt – essenziell für die stabile Verbindung eines Buchblocks. Zwei schwere Metallplatten geben dem Buch seine Form. Solche Pressen gehören noch heute zur Grundausstattung handwerklicher Buchbindereien.
Spindelpresse bis 2024 im Einsatz in der Buchbinderei der UB Rostock (Foto: Thomas Burmeister)
Ansprechperson
Clemens Golz
clemens.golzuni-rostockde
Verbotene Bücher im Bestand der UB Rostock
Ob im nationalsozialistischen Deutschland oder in anderen politischen Systemen: Bücher und ihre Autor:innen wurden oft unterdrückt, zensiert oder verboten. Diese Einschränkungen reichen tief in die Geschichte – und sind bis heute weltweit Realität. Die Universitätsbibliothek Rostock versteht sich als Ort der Meinungs- und Informationsfreiheit. Darum finden Sie im Bestand der Bibliothek auch Werke, deren Veröffentlichung einst behindert oder verboten wurde – und solche, die aktuell zensiert sind oder deren Autor:innen verfolgt werden. Unsere Ausstellung "Bücher unter Druck" zeigt vor Ort eine Auswahl dieser Werke – und auch hier auf der Webseite.